„Das Schlimmste, was den Menschen im Weg ist, ist die Angewohnheit“
Zu diesem Satz fand ich bei ZEIT online Wissen Nr. 02/2013 sehr interessante Erkenntnisse, die ich Ihnen hier gern in Auszügen vorstellen möchte.
Gewohnheiten bestimmen unser Leben – ob sie hilfreich sind oder schaden.
Ganz ohne unser bewusstes Wollen bestimmen sie unseren Tag:
auf welche Art wir unseren Tag beginnen - welche Musik wir wählen - wie oft wir unsere E-Mails checken - Sport treiben - Süßes oder Fettiges essen -
oder auf welche Art wir mit unseren Kindern sprechen –-
all das bestimmen Gewohnheiten.
»Zwischen 30 und 50 Prozent unseres täglichen Handelns werden durch Gewohnheiten bestimmt«, sagt
Bas Verplanken.
Der Professor für Sozialpsychologie an der University of Bath in England erforscht die Gewohnheiten seit über 20 Jahren.
Wenn sie mit unseren Zielen übereinstimmen, sind sie uns nützlich, manchmal sogar überlebenswichtig. Tun sie das nicht, stören sie oft nur, rauben uns Zeit, Energie und schädigen manchmal auch unsere Gesundheit.
Das Gehirn unterscheidet nicht zwischen guten und schlechten Gewohnheiten. Hat sich ein Verhalten einmal eingeschliffen, ist es sehr schwer, es zu ändern, auch wenn wir uns das fest vornehmen.
Trotzdem – oder gerade deshalb – können wir uns Gewohnheiten zunutze machen. Wer weiß, wie ihre Mechanismen funktionieren und wo sie ansetzen, der kann sie verändern.
Gewohnheiten, so definiert es Bas Verplanken, sind Verhaltensweisen, die wir regelmäßig in einem stabilen Kontext ausüben – ohne viel darüber nachzudenken oder abzuwägen. Meist basieren sie auf Entscheidungen, die wir einmal bewusst getroffen haben.
Gewohnheiten navigieren uns durchs Leben. Ohne sie wäre unser Gehirn überfordert von den Details des Alltags. Aber genau dieser Trick des Energiesparens macht es uns so schwer, unser Verhalten zu ändern. Denn diese Steuerung liegt in einem Bereich des Gehirns, der nicht bewusst kontrolliert wird.
Kinder müssen dieses Verhalten erst erlernen. Mit dem Alter nimmt die Zahl der Gewohnheiten zu. Erwachsene gewöhnen sich daran, sich auf eine bestimmte Art zu kleiden, zum Kaffee eine Zigarette zu rauchen oder den Müll zu trennen.
»Gewohnheiten sind kleine Süchte«, sagt
Wolfram Schultz, Professor für Neurowissenschaften an der University of Cambridge. »Wenn wir die Erfahrung machen, dass ein bestimmtes Verhalten zu einer Belohnung führt, wiederholen wir es möglichst oft.« Der Trick ist, dass das Gehirn das, was es kennt, irgendwann verstärkt: Es schüttet Botenstoffe aus, durch die wir uns besonders wohlfühlen. In ihrer Gleichförmigkeit verleiht uns die Gewohnheit Stabilität. Das Gefühl von Sicherheit.
»Gewohnheiten garantieren, dass die Welt um uns herum und das Ich gleich bleiben«, sagt
Nicolas Hoffmann. Der Berliner Verhaltenstherapeut beschäftigt sich seit mehr als 40 Jahren intensiv mit Gewohnheiten. Als Dozent und Autor mehrerer Bücher beschreibt er die Funktion der Wiederholung in ihrer ganzen Bandbreite. »Zuerst einmal sind Gewohnheiten gut. Wir sprechen zu Recht von den lieben Gewohnheiten«, sagt er. Normalerweise bilden Gewohnheiten ein Gerüst für uns.
Doch Gewohnheiten haben auch eine Kehrseite. Ohne dass wir es bemerken, schränken sie unsere Wahrnehmung ein. Sie machen unflexibel und starr. Süchte und Gewohnheiten hängen zusammen.
»Ohne Hilfe von außen ist es so gut wie nicht möglich, die Persönlichkeit in größerem Umfang gezielt zu ändern«, sagt Hirnforscher Gerhard Roth. Wenn Menschen ihr Leben radikal ändern wollen, das zeigte unter anderem eine Studie von Wissenschaftlern der Harvard University, reichen Silvestervorsätze nicht.
Große Verhaltensänderungen hängen häufig mit schwerer Krankheit, Scheidung, Jobwechsel oder einer neuen Bezugsgruppe zusammen – sie geschehen, wenn sich der Kontext ändert.
Man muss sich neu orientieren, das eigene Verhalten überdenken und sucht nach Informationen«, sagt auch Verplanken. Wer nach Veränderung strebt, hat in diesen Momenten die beste Chance.
Etwas einfacher, als eine alte Gewohnheit abzulegen, ist es, eine neue zu etablieren. Das Erfolgsrezept: Das gewünschte Verhalten muss mit einem deutlichen Auslösereiz gekoppelt und dann durch Belohnung verstärkt werden.
(Auszüge aus: ZEIT online Wissen Nr. 02/2013)